Interview mit Wolfgang Müller-Pietralla, Leiter Zukunftsforschung und Trendtransfer VW AG, Wolfsburg
Der Computer als unsichtbarer Chauffeur – Wie die künstliche Intelligenz das Automobil zum Home-Office mit Lounge verwandelt auf Straßen ohne Staus und Unfällen
Heutige Fahrzeuge haben längst ihren eigenen Kopf. Boardcomputer verbessern das Einparken oder das Ausleuchten der Fahrbahn. Allerdings sind dies Kleinigkeiten im Vergleich zu den Visionen einiger Autohersteller. In Zukunft soll die KI noch viel weiter in die Kontrolle des Fahrzeugs eingreifen. Bald wird der Fahrer die Hände komplett vom Steuern nehmen, beispielsweise beim Einparken per Knopfdruck oder auf Teilstrecken, wie der Autobahn. Hier sollen artifizielle Fahrassistenten die Kontrolle übernehmen, während man sich im Sitz zum Plausch mit den anderen Fahrbegleitern umdreht, E-Mails checkt oder die Aussicht genießt. Was aber, wenn Unvorhergesehenes passiert, für das die KI nicht programmiert wurde? Wie soll die KI bei Unfallgefahr handeln, um den größten Schaden abzuwenden? Sollten Algorithmen überhaupt Moral erlernen und ethische Entscheidungen treffen dürfen? Hier bedarf es einer gesamtgesellschaftlichen Diskussion in den Augen von Wolfgang Müller-Pietralla, Zukunftsforscher von der Volkswagen AG, der mit dem teil-automatisierten Fahren einen Wandel der Mobilität mit erhöhter Sicherheit und Fahrkomfort sieht und eine Veränderung städtischer Infrastruktur prognostiziert.
Sören Hartig, science2public e.V., im Gespräch mit Wolfgang Müller-Pietralla, Zukunftsforscher von der Volkswagen AG über neue Mobilitätsbedürfnisse, die Verantwortung der KI beim teil-automatisierten Fahren und die Veränderungen urbaner Landschaften.
Woher kommt das riesige Engagement in der Autoindustrie für dieses Segment?
Für die Automobilindustrie ist das automatisierte Fahren eine konsequente Weiterentwicklung der heutigen Fahrerassistenzsysteme – von der Unterstützung des Fahrers bis hin zu vollständig automatisch fahrenden Wagen. Bereits heute unterstützt eine Vielzahl von Assistenzsystemen den Fahrer. Von Einparkhilfen bis hin zu Quer- und Längsführungsfunktionen. In den künftigen Funktionen liegt ein großes Potential für aktive Sicherheit und erhöhten Fahrkomfort aber auch neue Geschäftsmodelle.
Es wird Weiterentwicklungen geben, die sich an der technologischen Performance aber auch an den Bedürfnissen der Gesellschaft orientieren.
Welche Fahrassistenten werden darüber hinaus in Zukunft bedeutungsvoll?
Für die Zukunft werden Features, die die aktive Fahrzeugsicherheit verbessern , eine noch größere Relevanz gewinnen. Hierbei spielt das Fahren auf Landstraßen und auf Autobahnen eine entscheidende Rolle.
Die Menschen wollen die Zeit in Ihrem Fahrzeug sinnvoller nutzen. Dies tun Sie bereits heute. Allerdings nicht sonderlich verantwortungsbewusst, wenn sie beispielsweise Autofahren und gleichzeitig Smartphones nutzen. Dieses Verhalten lässt die Zahl an Unfällen mit schweren Folgen dramatisch ansteigen Ein wesentlicher Treiber, die Entwicklung der Fahrerassistenzsysteme und autonomen Fahrfunktionen voranzutreiben.
Zudem gilt als innovativer Hersteller, wer die fortschrittlichsten Systeme anbietet. Volkswagen hat sich hier eine starke Position erarbeitet. Bereits 2005 hat der Volkswagenkonzern mit dem Prototyp Stanley, einem modifizierten VW Touareg, Möglichkeiten präsentiert, die Autonomie des Fahrzeugs zu erhöhen. Durch spezielle Sensoren war es dem Wagen möglich, seine Umwelt wahrzunehmen, zu analysieren und dadurch selbständig zu fahren. Seitdem hat die Technologie nochmals einen riesigen Sprung gemacht. Bei Stanley wurden die Sensoren noch auf das Fahrzeugdach montiert. Heute sind sie dagegen winzig klein. Die Intelligenz des Fahrzeugs lässt sich mit deutlich weniger Bauteilen realisieren. Diese Entwicklung zeigt, dass automatisches Fahren mittelfristig auf unterschiedlichen Levels möglich sein wird.
Welche Formen der Fahrzeugintelligenz werden in naher Zukunft entstehen?
Für Volkswagen sind automatisches Parken und das hoch-automatische Fahren auf begrenzten Strecken zukunftsweisend. Um diese Visionen in die Realität zu bringen, wurde das Projekt „Intelligent Urban Mobility“ ins Leben gerufen. Im Rahmen des Projektes arbeiten Trendforscher, Entwickler und Techniker im Electronics Research Laboratory von Volkswagen zusammen.
Ziel ist es, Ideen hervorzubringen, die zu Beginn vielleicht ein Schmunzeln auslösen aber gleichzeitig neugierig darauf machen visionäre Lösungen zu entwickeln oder einen Prototypen zu bauen.
Ein autonomes Fahrzeug, welches komplett ohne menschlichen Fahrer auskommt, sehe ich eigentlich noch nicht. Fraglich bleibt auch, für welches Szenario solche Fahrzeuge benötigt werden. In den kommenden fünf Jahren ist ein teil-automatisiertes Fahren, bei dem der Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug behält, möglich. In 10 bis 15 Jahren ist es vorstellbar, dass der Fahrer auf Teilstrecken, dem Fahrzeug die Kontrolle überlässt, um sich anderen Tätigkeiten zuzuwenden.
Wie wird sich das Fahren für den Fahrer in der Zukunft gestalten?
Sicherheit und Zeit sind die entscheidenden Punkte. Damit wird sich auch die Kommunikation unter den Fahrern verändern. Sie erfahren neue Sitzpositionen, die Sichtkontakt zwischen den Insassen ermöglichen. Dabei sind Punkte des Fahrtkomforts zu klären. Die veränderte Sitzposition kann beispielsweise zu Übelkeit führen. Hierzu muss es Tests und Anpassungen geben. Generell wird der Fahrgastraum komfortabler und entwickelt sich zu einem Büro oder einem Freizeitraum, indem man E-Mails schreibt oder die Zeitung liest. Sie können ihre Korrespondenz erledigen oder einfach nur entspannen.
Mit dieser Entwicklung tritt das Auto in noch stärkere Konkurrenz zum Zug.
Das ist richtig. Das Auto hat aber den Vorteil, dass der Fahrer entscheiden kann, wohin er sich genau bewegt und aussteigt. Im Auto bleibt man unabhängiger und kann mehrere Dinge gleichzeitig erledigen. Der Fahrer entscheidet dabei stets, ob er selbst fährt oder den Fahrassistenten übernehmen lässt. Damit ist das automatische Fahren für mich die höchste Form des Autofahrens, da sie dem Fahrer mehr Freiheit und Unabhängigkeit schenkt. Wer heute im Stau steckt, ist noch nicht unabhängig. In solchen Situationen kann ein automatisches Fahrzeug unterstützen, diese Zeiten besser zu gestalten. Durch eine denkbare Kommunikation mit anderen Fahrzeugen und entsprechender Infrastruktur, könnten Staus in Zukunft sogar vermieden werden.
Sie sprechen die Künstliche Intelligenz an, die auch in Fahrzeugen Einsatz findet. Wo geht die Entwicklung im Bereich der KI in Fahrzeugen hin und wie sicher wird die Software vor Fehleranfälligkeit sein?
In Zukunft wird das Auto Teil eines Cyber-Physical-Systems werden. Das bedeutet, dass es mit technischen Applikationen und Sensoren ausgestattet ist, diese über entsprechende Software miteinander verbunden sind und mit dem Internet kommunizieren. Wir machen uns sehr viele Gedanken über eine ausgereifte und sichere Systemstruktur im Fahrzeug. Die zukünftige KI wird ein abgekoppeltes System sein, in das niemand eingreifen kann. Ähnlich wie bei dem vegetativen Nervensystem des Menschen, welches die Grundfunktionen selbstständig steuert.
Eine hundertprozentige Sicherheit wird es aber bei der KI nie geben. So kann man nicht verhindern, dass Menschen den Sicherheitscode einer KI knacken und kriminelle Handlungen begehen. Natürlich gilt es, mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln solch ein Szenarium zu vermeiden.
Weitere Sicherheitsbedenken finden sich in Dilemma-Situationen, in der die KI nur noch den Schaden minimieren, aber nicht den Unfall verhindern kann.
Der KI sinnvolle Wertmaßstäbe für solche Situationen zu geben, ist ein gesamtgesellschaftliche Aufgabe und bedarf ebensolcher Diskussionen. Heutige Unfallstatistiken geben Beispiele dafür, dass es sinnvoll ist, einer KI in komplexen Szenarien die Kontrolle über das Fahrzeug zu überlassen. So gibt es Unfälle, in denen Menschen auf freier Landstraße plötzlich gegen einen Baum fahren und man sich fragt, wie es dazu kommen konnte. Häufig war der Fahrer abgelenkt, beispielsweise durch sein Mobiltelefon. Hier könnte eine KI Unfall vermeidend wirken oder zumindest durch ein letztes Eingreifen dafür sorgen, dass der Baum nicht in der Fahrerseite einschlägt.
In diesem Szenario finden wir schon das erste Aber. Was passiert, wenn auf der Beifahrerseite auch jemand sitzt? Wie soll die KI hier entscheiden? Hierzu bedarf es dann einer gesellschaftlichen Debatte über den Umgang mit KI-Systemen.
Die KI im Fahrzeug wird somit als digitale Augen und Ohren des Fahrers fungieren. Welche Tragweite wird diese Funktion erhalten?
In gut zehn Jahren ist bei der Entwicklung der KI eine Active Collision Avoidance denkbar, mit der Fahrzeuge per se nicht mehr zusammenstoßen. Eine Voraussetzung dafür, an der wir bereits erfolgreich arbeiten, ist die digitale Roadmap. Heutige KI-Systeme sind in der Lage, während der Fahrt ein digitales Echtzeitmodell der Umgebung aufzubauen. Diese Roadmap ermöglicht es Fahrzeugen, wie ein kleines Kind zu lernen und ihre Umgebung zu dekodieren, in dem sie zwischen einem Fahrradständer, einem Kind oder einem Hund unterscheiden. Bisher war dies nicht möglich, da man keine Karte in Echtzeit erstellen konnte. Jetzt kann man während der Fahrt sehen, wie die einzelnen Datenpunkte von der KI selbständig aufgebaut werden. Das wiederum führt zu neuen Anforderungen an die Algorithmen. Die Aufgabe in den kommenden Jahren ist es, den Objekten eine Bedeutung zukommen zu lassen, damit die KI die Objekte unterschiedlich bewerten kann.
Wann rechnen Sie mit marktreifen hoch-automatische Fahrzeugen?
Das automatische Fahren sehen wir nicht vor 2030. Das Auto muss noch eine Menge lernen, um in der Stadtsituation zu bestehen, da es in solchen Räumen intuitiv bewerten muss. Das Fahrzeug muss menschliches Verhalten, beispielsweise von Passanten oder Radfahrern im Straßenverkehr vorausahnen um Unfall vermeidend zu reagieren. Ich bin noch nicht überzeugt, dass in naher Zukunft der selbstlernende Algorithmus freigegeben wird. In der Autoindustrie erzeugt ein reproduzierbares Produkt die Sicherheit für den Konsumenten. Sollte es durch eine lernende und selbständig handelnde KI zu einem Unfall, können wir nicht einfach die Verantwortung für das Produkt von uns schieben, mit dem Argument, die KI hat falsch gelernt.
Welche Antriebe ermöglichen die Zukunftsvision von Volkswagen?
Wir müssen gesamtgesellschaftlich ein Antriebsportfolio vorantreiben, um bis 2050 gesetzten Ziele Reduzierung von CO2 zu ermöglichen. Das setzt voraus, dass wir in den kommenden Jahren über die Plug-In-Hybriden eine starke Entwicklung bei den elektrischen Autos vollziehen, die heutzutage aufgrund der eingeschränkten Nutzbarkeit und hohen Preise von den Kunden kaum angenommen werden. Ich bin aber davon überzeugt, dass sie in Zukunft große Beliebtheit erlangen, weil sie ein neues Fahrerlebnis bieten und CO2-Werte reduzieren. Das setzt voraus, dass wir über genügend Ladestationen an den richtigen Orten verfügen. Ich glaube, dass das Elektroauto bis zum Jahr 2020 Langstrecken-Qualität besitzen könnte. Die Batterieentwicklung dafür geht zurzeit sehr zügig voran.
Bei Wasserstoff-Fahrzeuge könnten im Jahr 2020 die Preise dramatisch fallen und günstige Autos produzierbar sein. Auch die Versorgungsinfrastruktur lässt sich dann effizient aufbauen. Beim Wasserstoff werden die rein regenerative Wasserstoffherstellung und die CO2-Bilanz des Wasserstoffs in der Brennzelle die große Herausforderung bleiben.
Automatisiertes Fahren verspricht qualitative Zeit im Auto, mehr Sicherheit und ein gesteigertes ökologisches Fahren. Städtische Infrastrukturen können auf diese Aspekte großen Einfluss nehmen. Wie sieht die Einbindung des Fahrzeugs der Zukunft in das Verkehrssystem aus?
Beim automatisierten Fahren wollen wir zunächst ein System etablieren, welches weitestgehend unabhängig von der Infrastruktur funktionieren muss. Gerät die Automobilindustrie in zu große Abhängigkeit von der infrastrukturellen Entwicklung, dann könnte man auf regional sehr unterschiedliche Entwicklungsgeschwindigkeiten treffen. Man müsste dann die Systeme immer wieder neu implementieren. Dennoch wird es möglich sein, dass ein sich selbst organisierendes Fahrzeug im Zuge eines Schwarms oder in Vernetzung mit der Infrastruktur die eigene Performance erheblich steigert.
Inwieweit profitiert der Fahrer von dieser Performance-Steigerung?
Der Austausch des Autos mit der Infrastruktur, wie zum Beispiel mit Ampeln, mit Energie-Lademöglichkeiten oder in der Kommunikation um Informationen über Stauvorkommen, wird dazu führen, dass das Fahrzeug das optimale Mobilitätsprofil entwirft. Es kann somit entscheiden, welche Strecke sich zu welcher Zeit am geeignetsten für die fahrende Person herausstellt. Die passende Strecke ist dabei von ganz individuellen Prioritäten der fahrenden Personen bestimmt. Es gibt Fahrer, deren höchste Priorität es ist CO2 zu sparen. Andere wollen Geld sparen und Maut-Strecken vermeiden, wieder andere wollen sich auf Ihrer Reise Ausflugsziele anschauen oder einfach alle Prioritäten gleich gewichten und optimal kombinieren. Die Autos der Zukunft werden auf die Wünsche der Kunden eingehen, die Prioritäten stetig neu berechnen und aktuelle Vorschläge unterbreiten, damit der Fahrer situationsgerecht und kontextgerecht die beste Entscheidung treffen kann.
Der wichtigste Aspekt für ein assistiertes Fahren bleibt der Mensch. Er muss sich für diese Art des Fahrens entscheiden. Sind wir bereit für diese Veränderung?
Ich glaube durchaus, dass der Mensch bereit ist für ein solidarisches und assistiertes Fahren. Gerade in der jungen Generation erhält Teilen und Solidarität eine zunehmende Bedeutung, ohne dass sich die Werte grundsätzlich ändern. Junge Leute haben weiterhin ihre Statusthemen, aber sie sehen die Mobilität pragmatischer und nicht ganz so produktleidenschaftlich wie in früheren Generationen. Die Transition vom nicht-automatisierten zum automatisierten Fahren verläuft schneller als erwartet. Ein Grund dafür besteht in der Vertrauensentwicklung des Menschen gegenüber der fahrenden KI. Wir haben dahingehend gute Erfahrungen mit Testpersonen und einem automatisch fahrenden Dummy gemacht. Solange der Dummy als Fahrer den Wagen für die menschlichen Insassen erwartungsgemäß bewegt, entsteht ein großes Vertrauen gegenüber dem Fahr-Assistenten. Die Menschen verhalten sich ganz normal und haben das Gefühl, wie in einem Bus oder Flugzeug zu sitzen.
Unsere Untersuchungen zeigen, dass neben den zukünftigen Bedürfnissen der Menschen nach einfachen und nahtlosen Zugängen zu Verkehrsmitteln, die sie an ihre individuellen Zielorte bringen, die Mobilität von morgen auch ein emotionales Erlebnis sein soll. Vereinen wir die Punkte Connectivity, Community, Convenience und Engagement in unsere Konzepte, werden wir auf eine hohe Akzeptanz seitens der Kunden für die neuen Mobilitätsangebote treffen.
Wie werden sich die Mobilitätsansprüche des Menschen verändern?
Die Diversität der Mobilität erweitert sich bereits nachhaltig durch Car-Sharing-Systeme. Allerdings sind die Ausprägungen des mobilen Verhaltens stets regional sehr unterschiedlich. Kein Konzept ist weltweit gleichwertig anwendbar. Das Auto als Statussymbol und Synonym für individuelle Mobilität nimmt weiterhin eine hervorgehobene Rolle gegenüber einem Sharing-System ein. In Europa und den USA, speziell Deutschland und Kalifornien besteht hingegen ein hoher Wettbewerb an Mobilitätssystemen. Alle Konzepte müssen sich an einem gesamtgesellschaftlichen Nutzen für eine bestimmte Zielgröße und eine optimierte Flächennutzung messen. Städteplaner konzentrieren sich zum Beispiel auf die verbesserte Raumqualität einer Stadt. Sie verfolgen die Frage: Wie kann ich den Anwohnern mehr wertvolle Fläche ermöglichen? Bei diesen Überlegungen rückt das Thema des Parkens in den Fokus, mit der Frage: Wie können wir mit automatisierten Fahrzeugen die Anzahl der Parkflächen reduzieren und damit der Stadt und den Bewohnern mehr Raum zurückgeben. Und wie können wir die derzeit horizontal geparkten Fahrzeuge in die vertikale überführen, um den Menschen den begehbaren Raum auf der Erdgeschossebene wieder zurückzugeben, denn dies ist eine Fläche mit sehr hoher Lebensqualität.
Eine höhere Lebensqualität ist ebenfalls im Wissenschaftsjahr 2015 Thema, mit der vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Zukunftsstadt. Wie sieht die Stadt der Zukunft aus Ihrer Sicht aus?
Wir haben uns in den letzten Jahren in der Zukunftsforschung diesem Thema intensiv gewidmet und das Konzept „MicroCities“ entworfen. Wichtig war uns die Frage nach den wesentlichen Parametern, die für die Menschen ein wertvolles, städtisches Leben ausmachen. Wir sind überzeugt, dass wir momentan zu viele unbewegte Fahrzeuge haben. Die parkenden Autos nehmen zu viel Fläche in Anspruch. Wenn wir nun das Parken der Fahrzeuge in die Vertikale transferieren könnten und dort Sorge tragen, die Fahrzeuge aufzuladen und zu beladen, dann könnten wir einen deutlichen Beitrag für verbesserte Raumqualität liefern. Ziel ist es somit Anreizsysteme für eine neue Parkstruktur zu implementieren.
Zurzeit, so wissen wir, bevorzugen die Menschen eine Tür-zu-Tür-Mobilität mit dem Auto. Ändert sich dieses Bedürfnis in Zukunft, so muss man Anreize schaffen, das Auto komplett abzustellen. Dafür überlegen wir gemeinsam mit Stadtplanern, wie unnötige Mobilität reduziert werden kann. Beispielsweise könnten Einrichtungen, wie Schulen, Kindergärten, Büros und Einkaufsmöglichkeiten, so ins Stadtbild integriert werden, dass sie kurze Verkehrswege für die Menschen ermöglichen. Dafür benötigen wir effiziente Umsteigemöglichkeiten, die es den Menschen erlauben, verschiedene Verkehrsmittel bequem kombinieren zu können und dadurch einen reibungslosen Mobilitätsfluss zu erzeugen.
Zurzeit forschen Sie am automatisierten Fahren, bei dem Fahrassistenten unterstützend wirken. Wann wird es das komplett autonome Fahrzeug die Straßen befahren?
Das komplett autonome Fahrzeug ist heutzutage vorerst nur in abgesteckten Räumen denkbar. Ein Beispiel hierfür ist der Bergbau. Dort sind die Parameter für das Fahrzeug recht einfach zu bestimmen. Eine offene Umgebung, wie eine große Stadt mit vielen unterschiedlichen Verkehrsteilnehmern und deren teilweise spontanen Handlungen, stellt dagegen eine sehr große Herausforderung dar. Daher kann ich mir autonom fahrende Roboter im Stadtverkehr nicht vorstellen, es sei denn man sperrt bestimmte Bereiche ab und isoliert sie vom übrigen Verkehr. Wenn man sich aber das Fahrverhalten und Verkehrsaufkommen in Megacities in China oder Indien anschaut, ist so etwas kaum denkbar. Deswegen glauben wir auch nicht an die Konzepte eines komplett autonomen Fahrzeugs, wie Google sie sich vorstellt, ohne Chance des Fahrers in das Fahrverhalten eingreifen zu können. Die Randbedingungen im städtischen Bereich sind dafür viel zu schwierig und zu vielfältig. Zudem bezweifle ich, dass Städte es ermöglichen werden, Fahrbahnabschnitte ausschließlich autonomen Fahrzeugen zur Verfügung zu stellen.
Sie sind Jury-Mitglied des 1. Foresight Filmfestivals. Was fasziniert sie an der Kombination von visionärer Wissenschaft und Film?
Filme sind wohl das wichtigste Medium zur Visualisierung und Synchronisierung von Zukunftsvorstellungen und bilden die Grundlage für eine gemeinsame Zukunftsgestaltung im Unternehmen.